Können Pflanzen denken und fühlen? Was aus der Sicht des gesunden Menschenverstandes als ausgeschlossen gilt, ist für einen Bonner Zellularbiologen eine Tatsache. Seine kühne These: Pflanzen können riechen, schmecken, sehen, hören und sprechen – ganz so wie Tiere.
Einige Pflanzenforscher gehen bereits
seit längerer Zeit davon aus, dass Pflanzen bestimmte Strukturen aufweisen, die
ähnlichen Funktionen erfüllen wie das menschliche Nervensystem. So senden zum
Beispiel Maispflanzen spezifische Duftstoffe aus, um damit Schlupfwespen
anzulocken, die schädliche Raupen eliminieren.
Die Auffassung, dass Pflanzen über
eine gewisse Form von Intelligenz verfügen, vertritt auch der Zellularbiologe
Frantisek Baluska von der Universität Bonn: Pflanzen könnten riechen, schmecken,
sehen, hören und sprechen. Vermutlich hätten sie sogar mehr Sinne als Menschen.
So erspürten Pflanzen mindestens 20 verschiedene Umweltfaktoren, darunter Licht,
Bodenstruktur und Schwerkraft. Außerdem orientierten sie sich - ähnlich wie
Vögel - an elektrischen und magnetischen Feldern der Erde, so der Forscher Über
seine Erkenntnisse berichtet er in der aktuellen Oktober-Ausgabe des P.M.
Magazins.
Der Zellularbiologe glaubt zudem
belegen zu können, dass die Wurzeln der Pflanzen, was die Kommunikation angeht,
problemlos mit dem Internet mithalten würden. Das Infonetz der Pflanzen sei
mindestens so groß wie das World Wide Web. Laut Baluska besitzt eine einzige
Roggenpflanze 13 Millionen Wurzelfasern, deren Gesamtlänge von 600 Kilometern
beträgt, wobei die Wurzelfasern ein riesiges dynamisches Kommunikationsnetz
bilden. Der Forscher hat an der Spitze jeder Wurzelfaser spezialisierte Zellen
entdeckt, die "gehirnähnliche Funktionen" wahrnehmen. Im Verbund bildeten diese
Zellen das "Gehirn der Pflanze", man könnte auch von einem "Wood Wide Web"
sprechen, so seine Erklärung.
"Wir wissen jetzt, dass Pflanzen
insbesondere unter der Erde intensiv miteinander kommunizieren", erklärt Baluska
im Interview mit dem Magazin. Zur Kommunikation verwendeten sie in Wasser
gelöste Botenstoffe, die sie mit den Wurzeln "schmecken" könnten. Zudem könnten
Pflanzen auch zwischen ihrer eigenen Art und Fremden unterscheiden.
Doch die zentrale Frage, ob eine
Pflanze Schmerz empfinden kann, konnte der Zellularbiologe nicht beantworten:
Darüber sei nichts bekannt, so der Forscher. Eines ist aber sicher: Der
Pflanzenforschung steht eine aufregende Zeit bevor, vielleicht sogar ein
Paradigmenwechsel in der Sicht auf die Natur.
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